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Pressemitteilung

Geplatzte Koalitionsverhandlungen: Der "grünen" Partei ist der KVR-Referentenposten wichtiger als Umweltschutz

Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und ÖDP hatten keinen Erfolg, weil die ÖDP dem Ausstieg aus der Kohleverstromung einen hohen Stellenwert einräumt.

Hier finden Sie Gründe, weshalb auf Stadtratsebene die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und ÖDP (bisher) keinen Erfolg hatten und weshalb die ÖDP dem Ausstieg aus der Kohleverstromung einen hohen Stellenwert einräumt.

Die ÖDP hat im Wahlkampf (Flugblätter, Plakate, etc.) versprochen, sich u.a. für fünf wichtige Themen einzusetzen:

  1. Konsequenter Klimaschutz, u. a. ein umgehender Ausstieg aus der Steinkohle.

  2. Ein komplett andere Siedlungspolitik mit neuen urbanen Stadtteilen und menschen- statt autogerechtem Wohnen;

  3. Eine konsequente Umschichtung der Mittel und Prioritäten in der Verkehrspolitikzugunsten des Rad- und Fußverkehrs und einem Lärmschutz, der diesen Namen auch verdient;

  4. Die Einführung der Gemeinwohlbilanzen in allen städtischen Betrieben;

  5. Die Ausweitung der Demokratie (Bürgerentscheide zu den großen Themen, Stärkung der Stadtteilparlamente, Transparenz und Mitbestimmung in Planungsprozessen)

 

Warum Ausstieg aus der Kohleverstromung?

In internationalen und europäischen Vereinbarungen wurde eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes um mindestens 20% bis 2020 festgelegt. Klimaschützer halten noch größere Einsparungen für notwendig, um die globale Klimaerwärmung zu begrenzen. Die SWM haben den CO2-Ausstoß jedoch nicht um 20% gesenkt, sondern gegenüber 1990, dem Beginn der Rot-Grünen Koalition und Bezugsjahr des Kyoto Protokolls, um mehr als 75% erhöht!

Anfang der 1990er Jahre haben die zu 100% in städtischem Eigentum stehenden Stadtwerke München (SWM) unter 500.000 t Kohle pro Jahr aus „regionaler“ deutscher Kohleförderung verbrannt, bei einem CO2-Ausstoß von rund 2,5 Mio t/Jahr.

In den vergangenen Jahren wurden nun 800.000 t Kohle pro Jahr, rund zur Hälfte aus Südafrika und zur Hälfte aus unbekannter Herkunft („Blend“) verfeuert. Dabei wurden jährlich 3,5 – 4 Mio t/Jahr klimaschädliches CO2 emittiert.

Quelle: Rathaus-Umschau 61 vom 31.03.2014, Seite 18.

Noch dazu wird die benötigte Kohle, ebenfalls CO2 emittierend, z.B. aus Südafrika durch die halbe Welt transportiert und aus Ländern bezogen, deren Umwelt- und Sozialstandards den vom Münchner Stadtrat gewünschten Anforderungen wohl nicht entsprechen. Hier beispielhaft aktuelle Reportagen über die katastrophalen Abbaubedingungen in anderen Ländern:

Auch läuft gegen die Zerstörung des Great Barrier Riff wegen des Kohleexports eine Petition.

Der Weltklimarat fordert eine konsequente Energiewende im Kamp gegen den Klimawandel. Nur eine deutliche Verschiebung der Investitionen könne Abhilfe schaffen, heißt es in dem kürzlich veröffentlichten dritten Bericht der IPCC-Arbeitsgruppe: weg von fossilen und hinzu erneuerbaren und kohlenstoffarmen Energien. „Die Erkenntnisse zeigen: Das städtische Weiter-so im Heizkraftwerk-Nord ist eine unverantwortliche Position“, betont Tobias Ruff (ÖDP-Stadtrat).

Ziel der ÖDP ist daher ein Ausstiegsfahrplan aus der Kohleverstromung, mit kurzfristigem Umstieg auf norwegisches Erdgas (technisch unproblematisch) und mittelfristigem Umstieg auf Erneuerbare Energien (Solar- und Windenergie, Geothermie). Noch sind gerade einmal bescheidene 1,75% der lokal installierten Stromerzeugungs-Leistung regenerativ.

Leider sind SPD und GRÜNE nicht bereit, in einem Koalitionsvertrag konkrete (stufenweise) Reduzierungsziele der Kohleverstromung bis 2020 festzuschreiben, sondern wollen nur eine unverbindliche Studie erstellen. Dafür braucht es aber keinen Koalitionsvertrag.

In der Stadtversammlung der GRÜNEN wurde laut Münchner Merkur vom 29.04.2014 folgender Antrag eines GRÜNEN-Mitglieds gestellt:
„Der Verzicht auf Kohleverstromung darf nicht vom Geld, sondern allein von der technischen Umsetzbarkeit abhängen. Dies muss vor dem Abschluss eines Koalitionsvertrags sicher gestellt werden.“
Dieser Antrag wurde von den GRÜNEN mit knapper Mehrheit abgelehnt!

Dies zeigt, dass bisher nicht nur der SPD, sondern auch mehr als der Hälfte der GRÜNEN eine höhere Rendite der Stadtwerke München wichtiger ist als ein schneller Ausstieg aus der Kohleverstromung.
Erst nachdem (!) die GRÜNEN aus den Koalitionsverhandlungen mit SPD und CSU ausgestiegen sind, laut Presse wegen der Besetzung des KVR-Referentenposten (wahrhaft kein Öko-Thema!), haben sie sich nun entschlossen, einen Antrag auf Ausstieg aus der Kohleverstromung im Stadtrat zu stellen:

Warum Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur?

München erfüllt die EU-Vorgaben bei Luftreinhaltung und Lärmschutz im Verkehrssektor nicht. Der Münchner Umweltreferent Joachim Lorenz gab am 09.04.2014 zu: „An der Landshuter Allee müssten wir den Verkehr um 80 Prozent reduzieren.“ Quelle: Rathaus-Umschau 68 vom 09.04.2014, Seite 5

Für eine solch drastische Reduzierung des Autoverkehrs reichen die bisherigen Ausbauziele der MVV-Infrastruktur und der Radverkehrs-Infrastruktur bei weitem nicht.

Ziel der ÖDP ist daher ein Ausbaufahrplan für die Radverkehrs-Infrastruktur. Die Investitionen in Radlstellplätze, Radwege und Radschnellwege sollen stufenweise von derzeit ca. 4 Mio Euro/Jahr (incl. Personalkosten) auf 40 Mio Euro/Jahr steigen. Eine Summe die Stockholm bereits bisher jedes Jahr für den Radverkehr ausgibt. Leider sind SPD und GRÜNE bisher nicht bereit in einem Koalitionsvertrag konkrete Zahlen und Ziele festzuschreiben. Einen Koalitionsvertrag ohne echten Wechsel der Prioritäten in der Verkehrspolitik (Einsparungen beim Neubau von Autostraßen und –tunnels und mehr Geld für Radverkehr- und MVV-Netzausbau) braucht es nicht.

Warum andere Siedlungs- und Wohnbaupolitik?

Die Preise für Miet- und Eigentumswohnungen in München werden für Normalverdiener allmählich unbezahlbar, aufgrund großer Nachfrage bei begrenzt steigendem Angebot.

Neben einer Nachfragedämpfung durch reduzierte Ausweisung von Gewerbegebieten, gilt es das Angebot zu erhöhen ohne dafür die Grün- und Freiflächen im öffentlichen Raum zu bebauen, sowie Gründerzeitviertel und Gartenstädte mit Betonklötzen zu verunstalten.

Ziel der ÖDP ist es in Neubaugebieten (z.B. Bayernkaserne, Freiham) eine Bewohnerdichte wie in Innenstadtgebieten (z.B. Maxvorstadt, Schwabing) zu planen. Statt suburbaner Reihenhaussiedlungen und Erschließungsstraßen mit Straßenrandparken will die ÖDP dort schön gestalteten Geschosswohnungsbau mittlerer Höhe und einen Verzicht auf Flächen für ruhenden Autoverkehr. Quartiersgaragen am Rande der Stadtviertel sollen wie die Haltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel in bis zu 300 Meter Entfernung erreichbar sein. Auch hierzu sind konkrete Festlegungen in einem Koalitionsvertrag erforderlich.

Ein bloßes „Weiter so“ nach 20 Jahren Rot-Grün-Rosa hat die ÖDP abgelehnt, wie auch alle anderen in den Stadtrat gewählte Parteien. Die ÖDP kann ein Bündnis nur eingehen, wenn sich wesentliche Inhalte ihrer Wahlversprechen in einem Koalitions- oder Bündnisvertrag wiederfinden.

Abschließend sei noch erwähnt, dass die GRÜNEN keineswegs generell ökologischer denken und handeln als CSU und SPD. Als Beispiel nennt Stadtrat Tobias Ruff die Renaturierung der Isar, bei der die ÖDP im Kampf um ökologische Ziele eine Mehrheit mit Stadträten der SPD, CSU und anderen schmiedete, gegen die Großstadt-Grünen. Diese fördern erklärtermaßen lieber die Partymeile an der Isar, was mit Natur und Öko nun wirklich gar nichts zu tun hat.

Eine signifikante Verschlechterung bei ökologischen Themen ist im aktuell angestrebten Bündnis-Vertrag zwischen SPD und CSU gegenüber dem der ÖDP von SPD und GRÜNEN vorgelegten Koalitionsangebot nicht erkennbar. Für bloße Mainstream-Ökologie braucht es keine Beteiligung der ÖDP in einer Koalition. Eine Koalitionsbeteiligung der ÖDP macht nur Sinn, wenn dadurch deutlich mehr ökologische Maßnahmen umgesetzt werden.

Auch ohne Vertrag wird die ÖDP ökologisch sinnvollen Beschlüssen zustimmen, insofern kann von einer Verweigerung der ÖDP keine Rede sein. Nachdem sich jetzt SPD und CSU nicht auf eine Koalition geeinigt haben, sondern auf ein offenes Bündnis, sehen wir durchaus Chancen ÖDP-Positionen in die Stadtpolitik einzubringen, ganz ohne Koalitionsvertrag und ohne unökologische Entscheidungen mittragen zu müssen.

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