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Pressemitteilung

Wie Lobbyismus unsere Demokratie zerstört

Wie funktioniert Lobbyismus in unserem Land? Der Journalist und ehemalige Bundestagsabgeordnete Marco Bülow zeigt in seinem Vortrag „Wie Lobbyismus unsere Demokratie zerstört“, mit welchen Mechanismen Profitlobbyismus Einfluss auf die Politik nimmt.

Portrait Marco Bülow

Marco Bülow (Autor und ehemaliger Bundestagsabgeordneter) Foto: Julia Bornkessel

Wie Lobbyismus unsere Demokratie zerstört

Bülow selbst hat es als Abgeordneter im Deutschen Bundestag live erlebt: Lobby Organisationen und Interessensverbände wollen für Unternehmen, in deren Auftrag sie arbeiten, politische Entscheidungen mitgestalten. Sie sind mit großen finanziellen Ressourcen und personellen Möglichkeiten ausgestattet, um ein dichtes Netzwerk und subtile Abhängigkeiten zu schaffen.

Jüngster Bundestagsabgeordneter  und heute aktiv gegen Profitlobbyismus

Wie funktioniert Lobbyismus in unserer Politik? Und welchen Einfluss hat er auf die demokratischen Strukturen? Bülow war 2002 als Direktkandidat der SPD in den Bundestag eingezogen. Er war als Mitglied von der Regierungspartei und Berichterstatter im Umweltausschuss, wo unter anderem erneuerbare Energien und Klimaschutz verhandelt wurden. Er erlebte als Abgeordnete die Mechanismen und wie es dem Profitlobbyismus gelingt, um Einfluss auf die politische Arbeit zu nehmen. Heute ist Bülow mit seiner ehrenamtlichen Initiative LOBBYLAND ein Kritiker von Profitlobbyismus und setzt sich für ein Umdenken in der Politik ein: weg von der Abhängigkeit von einflussreichen Interessensverbänden der Wirtschaft.

Die Spielregeln im Parlament machen Lobbyismus stark– entweder du akzeptierst oder du gehst

Durch seinen Blick hinter die Kulissen kann Bülow die Spielregeln im Parlament offenlegen. Wer im politischen System bestehen will, muss dieses Spiel mittragen. Es sind Spielregeln, die dem Profitlobbyismus eine ideale Plattform bieten. Denn im Parlament wird meistens nur noch abgestimmt. Mit dem Fraktionszwang ist es ein Leichtes, Mehrheiten für Gesetze zu erreichen. Nicht im Parlament werden dies Weichen für Gesetze gestellt, sondern in den Ministerien. Und in den Ministerien versucht der Profitlobbyismus anzusetzen, um im Interesse der Auftraggeber ungünstige Gesetzesänderungen zu verhindern oder abzuschwächen. 

Wie wirkt Lobbyismus? Mit viel Geld und Zeit ist sehr viel möglich

Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen Profitlobbyismus und anderen Interessensgruppen. Profitlobbyist:innen sorgen dafür, dass Unternehmen oder Zusammenschlüsse von Unternehmen mehr Profit erwirtschaften. Interessensvertretungen treiben Themen voran, die dem Gemeinwohl dienen wie Menschenrechte oder Umweltschutz. Natürlich gibt es auch hier fließende Übergänge. Während Profitlobbyismus meistens über viele Ressourcen verfügt, arbeiten viele NGOs ehrenamtlich. Für den Fall, dass sie sich doch bezahlte Mitarbeiter:innen leisten können, haben sie weit mehr Aufgaben als nur den Lobbyismus und die Interessensvertretung. Denn neben Geld benötigt Lobbyismus auch Zeit. Er funktioniert immer über persönliche Kontaktaufnahme, über Recherche und Netzwerktreffen, wo ein informeller Austausch mit Politiker:innen möglich ist. Denn sie sollen sich wohlfühlen, ein direkter Druck wird nicht ausgeübt. Vielmehr sind es Gefallen und Aufmerksamkeiten, von denen sie profitieren:

Ob durch Zugang zu exklusiven Informationen, durch Einladungen zu Vorträgen, die beträchtliche Nebeneinkünfte möglich machen oder das Versprechen einer Karriere als Lobbyist:in nach dem Ende der politischen Laufbahn. Was ist eine der Gegenleistungen? Lobbyismus heißt, mit den Anliegen gehört zu werden. Aufmerksamkeit ist das wichtigste Gut in der Politik, denn Zeit ist in der Politik sehr viel wert. Und so schafft große Lobbymacht mit langem Atem Ausnahmeregelungen, Übergangsfristen und offene Türen. Um die Zusammenhänge genauer zu erkennen, lohnt es sich immer, zwischen den Zeilen zu lesen: Wer hat langfristig mit wem Kontakt, welche Spendengelder fließen wohin, wer profitiert von Entscheidungen in der Politik. Ist es gut für das Gemeinwohl? Oder werden wirtschaftliche Interessensgruppen begünstigt.

Ein Codex für Transparenz in der Politik und gegen Lobbyismus

Marco Bülow setzt sich mit seinen Recherchen und seiner Arbeit für eine Veränderung des politischen Systems ein, in dem Lobbyismus so viel Einfluss hat. Was muss passieren, um das System zu verändern? Bülow fordert klare gesetzliche Regelungen auch für den Bundestag und klare Regelungen für Lobbyismus. Er entwickelte dafür einen Codex, um Lobbyismus etwas Wirksames entgegenzusetzen:

    • Nur mit Zeugen mit Lobbyvertretungen treffen
    • Alle Aufwendungen wie Essen selber bezahlen
    • Lückenlose Auflistung aller Treffen und Zahlungen mit Lobbyisten im Bundestag
    • Kein Drehtüreffekt für einen raschen Wechsel von der Politik in die Wirtschaft
    • Unabhängige Prüfstellen sollen die Einhaltung kontrollieren
    • Vollständige Transparent über die Entstehung von Gesetzen
    • Fraktionszwang aufheben um individuelle Entscheidungen zu ermöglichen
    • Eine starke Zivilgesellschaft als neue Säule in der Demokratie
    • Offene und transparente Diskussion, was für eine unabhängige Politik gut ist

Mehr Infos zur Initiative, ein Podcast und vieles mehr: https://lobbyland.de/

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